Vom Syndikus zum Soldaten (2) – Doch nur ein Soldat auf Zeit?

Soldatengesetz

Nachdem ich vor fünf Jahren als Quereinsteiger wieder in die Bundeswehr eingetreten war, bescheinigte mir mein ziviler Bekanntenkreis hervorragende Karriereaussichten. Ich musste diese Erwartungen doch gewaltig dämpfen: Die Bundeswehr hat mich zunächst nur bis zum Endes des Jahres 2025 als Soldat auf Zeit eingestellt – mit der vagen Hoffnung, irgendwann „entfristet“ (d.h. Berufssoldat) zu werden.

Die Privatwirtschaft im fortgeschrittenen Alter zu verlassen und ohne Not Soldat zu werden, mag ungewöhnlich klingen. Tatsächlich kenne ich verschiedene Personen, die diesen Schritt nach mir gewagt haben. Und immer wieder sprechen mich Menschen aus meinem Bekanntenkreis, die ebenfalls einen solchen Schritt erwägen, auf meine Erfahrungen an und fragen um Rat. Einige dieser Erfahrungen möchte ich in diesem und den folgenden Beiträgen teilen, um vielleicht auch für andere eine Orientierungshilfe zu geben.

Nachdem ich im vorherigen Beitrag die unterschiedlichen Wege als Quereinsteiger nachgezeichnet habe, möchte ich mich in diesem Beitrag näher mit dem „Soldaten auf Zeit“ und dem „Berufssoldaten“ auseinandersetzen.

1. Kein Soldat für’s Leben?

Die Bundeswehr stellt Quereinsteiger grundsätzlich als Soldat auf Zeit ein. Hierbei handelt es sich um eine Art befristeter Vertrag, dessen Dauer allerdings bis zu 25 Jahre betragen kann (vgl. § 40 Abs. 1 Soldatengesetz). Die Grenze des 62. Lebensjahres darf der Quereinsteiger – dies kann für ältere Semester relevant werden – dabei nicht überschreiten.

Zu einem späteren Zeitpunkt und nur unter gewissen Voraussetzungen (dazu sogleich) kann der Zeitsoldat auf Antrag in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten (ein Soldat auf Lebenszeit, vgl. § 1 Abs. 2 Soldatengesetz) berufen werden. Nur ein Berufssoldat hat mit Erreichen der dienstgradabhängigen Altersgrenze einen Anspruch auf Pension. Ein Soldat auf Zeit hingegen wird nach Ende seiner Dienstzeit in der gesetzlichen Rentenversicherung (oder in bestimmten Fällen auch einem berufsständischen Versorgungswerk, vgl. § 8 SGB VI bzw. § 186 SBG VI) nachversichert.

Jedes Jahr im August kann ein Soldat auf Zeit einen „Antrag auf Umwandlung des Dienstverhältnisses“ – letztlich eine Bewerbung auf eine Stelle als Berufssoldat – stellen. Hierfür muss der Quereinsteiger grundsätzlich zwei Beurteilungen aus seiner Zeit als SaZ vorweisen können. Ausnahmen können etwa bei den im vorherigen Artikel genannten StOffz-R bestehen, der bloß eine Beurteilung vorweisen muss. Auch darf der Soldat nicht zu alt sein: die Summe der geleisteten und noch zu leistenden Dienstjahre muss mehr als 15 Jahre betragen.

Liegen die Voraussetzungen vor, werden in sogen. Auswahlkonferenzen zum Ende des Jahres die Bewerber untereinander verglichen. Maßstab ist Art. 33 Abs. 2 GG („Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung“). Wie viele BS-Stellen die Bundeswehr ausschreibt, unterscheidet sich von Jahr zu Jahr und auch nach Aufgabengebiet (sogen. Verwendungsreihen). Ist in einem Jahr der Bedarf besonders groß, kann es also sein, dass auch weniger gut beurteilte Kandidaten zum Berufssoldaten ernannt werden und umgekehrt. Dies ist sehr schwer vorhersehbar und bedeutet eine große Unsicherheit für Quereinsteiger.

2. Das Ende als Soldat auf Zeit

Endet das Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit regulär, hat dieser – anders als der Berufssoldat – einen Anspruch auf Berufsförderung sowie Dienstzeitversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz. Dies kann je nach Dienstdauer umfassen:

  • eine einmalige Geldzahlung (sogen. Übergangsbeihilfe nach § 12 SVG),
  • die fortgesetzte Zahlung von bis zu 100%  der Dienstbezüge für bis zu 60 Monate (Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG),
  • Zuschüsse zur Krankenversicherung sowie
  • die(insbes. finanzielle) Förderung der schulischen und beruflichen Ausbildung.

Auf diese „Nettozeiträume“ werden Wehrdienst- sowie auch Reservedienstzeiten angerechnet. So wurden aus meinen netto 6 Jahren dank Wehrdienst- und Reservedienstzeiten 9 Jahre und 3 Monate.

Für Quereinsteiger ist es grundsätzlich denkbar, sich längerfristig bis zum Erreichen des 62. Lebensjahrs zu verpflichten und dann die Übergangsgebührnisse bis zum Erreichen des Rentenalters zu kassieren. Mir sind Kameraden bekannt, die sich für dieses Modell entschieden haben. Sollte man sich also bis zum Ende seines beruflichen Lebens verpflichten, um auf Nummer sicher zu gehen? Die derzeit angespannte Haushaltslage jedenfalls macht die Verlängerung von SaZ-Verhältnissen schwierig.

3. Darf’s noch ein bisserl mehr sein?

Die Personalführer waren jedenfalls noch bis vor Kurzen darum bemüht, zur Schließung der Personallücken der Bundeswehr langfristige „Verträge“ abzuschließen. Dies muss nichts Schlechtes sein, es kommt auf die individuellen Lebensentwürfe an. Die folgenden Dinge gilt es dabei zu beachten:

  • Die Sicherheit eines langfristigen Dienstverhältnisses kann ein zweischneidiges Schwert sein: Während ein Berufssoldat jederzeit „kündigen“ kann (vgl. § 46 Abs. 3 Soldatengesetz), kann der Soldat auf Zeit bei einem Sinneswandel nur sehr schwer seine Entlassung verlangen, namentlich wenn dies im dienstlichen Interesse ist  40 Abs. 7 Soldatengesetz) oder der Verbleib im Dienst für ihn eine besondere persönliche Härte darstellt (§ 55 Abs. 3 Soldatengesetz).
  • Zu kurz darf die Dienstzeit allerdings auch nicht sein, denn will man sich als Berufssoldat bewerben, benötigt man hierfür grundsätzlich 2 Beurteilungen. Um entsprechend oft beurteilt zu werden, können durchaus 5 Jahre ins Land ziehen.
  • Setzt man darauf, dass sich zunächst nur kurz verpflichtet, um sich dann ggf. noch später weiter als Soldat auf Zeit verpflichten zu können, kann es einem passieren, dass der Bundeswehr wie derzeit die Haushaltsmittel ausgehen und dass für Weiterverpflichtungen kein Geld mehr zur Verfügung steht.
  • Zwar kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Pensionsanspruch finanziell attraktiver ausfällt als eine Nachversicherung in der Rentenversicherung. Allerdings kann es für Quereinsteiger schwierig werden, die für einen ungekürzten Pensionsanspruch erforderlichen 40 Dienstjahre zusammen zu bekommen. Es kann also sein, dass man im Alter von 62 mit nur einem anteiligen Pensionsanspruch in den Ruhestand geht und dann mit 67 erst seine gesetzliche Rente aus dem vorherigen Erwerbsleben erhält. Man hat dann also eine sogen. Versorgungslücke.
  • Leider muss man auch sagen, dass der Quereinsteiger-SaZ für die Bundeswehr in erster Linie ein Lückenfüller zur Erreichung der vorgegebenen Personalstärken ist. Für Hochwertverwendungen oder -lehrgänge muss man Berufssoldat sein. Und mir persönlich fehlt die Vorstellungskraft, dass ein Soldat auf Zeit z.B. zum Oberstleutnant A15 befördert wird, während zeitgleich Berufssoldaten mehrere Jahre auf ihre Einweisung A15 warten müssen.

4. Vertrauen ist gut…

Mir selbst war auch die Festsetzung als Soldat auf Zeit bis zum Erreichen der Altersgrenze von 62 Jahren angeboten. Für mich war aber klar, dass ich – wenn ich schon bei der Bundeswehr einsteige – die Ernennung zum Berufssoldaten das Ziel sein sollte. Würde sich später herausstellen, dass ich nicht das Zeug zum Berufssoldaten habe, dann wollte ich auch nicht bleiben. Insofern sollte die Dienstzeit so kurz wie möglich, aber so lange wie nötig festgesetzt werden, damit ich mich zweimal zum Berufssoldaten bewerben kann. Nach Prüfung der Beurteilungszeiten berechnete der Personalführer dann im Einstellungsgespräch die oben genannte Verpflichtungsdauer von 6 Jahren netto (bzw. 9 Jahren und 3 Monaten).

Nun musste ich leider vor einem Jahr die bittere Nachricht vernehmen, dass diese Berechnung nicht aufgeht (entweder war dem Personalführer ein Fehler bei der Berechnung unterlaufen oder das neu eingeführte Beurteilungssystem machte die alten Berechnungen hinfällig): Mit der Beurteilung des letzten Jahres durfte ich mich erst in diesem Jahr bewerben, eine etwaige Bewerbung im nächsten Jahr käme – selbst wenn sie theoretisch erfolgreich wäre – zu spät, da ich mehr oder weniger zur Zeit der Auswahlkonferenzen die Bundeswehr verlasse. Eine nur um wenige Monate oder gar Wochen längere Dienstzeit hätte hier bereits geholfen.

Was war der Lösungsvorschlag der Bundeswehr für dieses (in meinen Augen durch die Bundeswehr verursachten) Problems: eine Dienstzeitverlängerung um zwei bis drei Jahre. Für mich war dies ausgeschlossen, denn 2025 im Alter von 45 Jahren in die Privatwirtschaft zurück zu kehren, hielt ich schon für riskant. Allein hier am Dienstort Stavanger hätte ich es mir vorstellen können, um der Familie weitere Umzüge zu ersparen. Hier zeigte man sich wenig kulant: Eine Auslandsverwendung könne nur maximal drei Jahre betragen (wobei zahlreiche Ausnahmen in meinem unmittelbaren dienstlichen Umfeld diese Regel natürlich nur bestätigen).

Dies hat mein Vertrauen in die Personalführung nachhaltig erschüttert: Auf der einen Seite hat die Bundeswehr ihre Seite des Versprechens (zwei Bewerbungsversuche) nicht eingehalten, bei der Dauer der Auslandsverwendung wird aber auf vermeintliche Regeln verwiesen. Dezente Hinweise darauf, dass dies nicht unbedingt im Sinne einer langfristigen Mitarbeiterbindung ist, verhallten ungehört. Dies bestärkt den bereits im ersten Artikel genannten Befund, dass der Quereinsteiger im Grunde doch ein ungeliebtes Kind ist.