Dem geneigten Leser wird diese Frage schon über den Weg gelaufen sein: Warum finden sich in englischen Verträgen eigentlich unter unterschiedlichen Überschriften (representations & warranties, covenants) ähnliche oder gar identische Aussagen. Kann man dies so einfach in Verträge, die zwar in englischer Sprache sind, aber deutschem Recht unterliegen übernehmen? Und passen die öfters verwendeten Begriffe Zusicherungen & Verpflichtungen bzw. weitere Verpflichtungen? Zur Beantwortung dieser Fragen muss ich weiter ausholen. In einem ersten Teil werde ich etwas dazu sagen, was representations & warranties bzw. covenants sind, bevor ich mich dann der Frage zuwende, was man als deutscher Jurist bei der Vertragsgestaltung beachten sollte.
Rechtsnatur im Common Law
Über die Rechtsnatur von representations & warranties im common law lässt sich trefflich streiten. Sowohl die representation als auch die warranty haben im Laufe ihrer langen Geschichte einen Wandel durchlaufen[1]. Da Vertragsgestalter diese Begriffe teilweise ohne genaue Vorstellung verwenden, fordern gar Autoren, sich von den Konzepten für die Vertragsgestaltung zu verabschieden[2].
Representation und Misrepresentation
Eine representation ist in erster Linie reine Behauptung, dass bestimmte gegenwärtige oder vergangene, nicht aber zukünftige Tatsachen wahr sind[3]. Stellt sich diese Tatsachenbehauptung als falsch heraus, kann eine misrepresentation vorliegen. Die misrepresentation ist deliktischer Natur (tort); den manchmal genannten „breach of representation“ gibt es also nicht. Aufgrund der deliktischen Natur der misrepresentation unterliegen vertragliche Regelungen hierüber Grenzen. Die gesetzlichen Tatbestandsvorraussetzungen der misrepresentation, die grundsätzlich vorsätzlich (fradulent misrepresentation), fahrlässig (negligent misrepresentation) oder schuldlos (innocent misrepresentation) begangen werden kann[4], müssen objektiv vorliegen. Vertraglichen Regelungen über representations kommt also eher eine Indizwirkung zu, der Richter muss sich von dem Vorliegen der Tatbestandsmerkmale versichern[5]. Im Zeitpunkt der Äußerung (z.B. Vertragsunterzeichnung) zukünftige Tatsachen können also, auch wenn man dies ab und zu liest, keine representation sein; ein wohlwollender Richter wird diese ggf. wohlwollend als warranty auslegen[6]. Der Geschädigte muss auf die Richtigkeit der Tatsachenaussage vertraut haben, und das Vertrauen muss gerechtfertigt sein[7]. Die Anforderungen unterscheiden sich allerdings von Jurisdiktion zu Jurisdiktion ganz erheblich[8]. Die Haftung für eine misrepresentation kann vertraglich ausgeschlossen werden, jedoch können hierfür gesetzliche Grenzen bestehen[9].
Warranty
Im Gegensatz zur representation ist die warranty nach heutigem Verständnis ein echtes vertragliches Versprechen, dass bestimmte (auch zukünftige) Tatsachen wahr sind. Ein Vertrauen auf die Richtigkeit ist grundsätzlich keine Voraussetzung, damit der Versprechensempfänger einen breach of warranty geltend machen kann. Sie unterliegt grundsätzlich der Vertragsfreiheit. Insbesondere im Kaufrecht gelten jedoch besondere gesetzliche Regelungen zur warranty. Es gibt zum Beispiel unabhängig vom Vertrag implied warranties wie die warranty of merchantability[10]. Solche implied warranties können nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden[11].
Convenant
Der covenant ist ebenfalls ein vertragliches Versprechen. Im Unterschied zur warranty, die sich auf Tatsachen bezieht, ist ein covenant eher auf Handeln oder Unterlassen seitens des Versprechenden ausgerichtet[12]. Typischerweise sind dies vertragliche Nebenpflichten. Da gerade die representations auf den Zeitpunkt der Unterzeichnung bezogen sind, kommt covenants bei gestreckten Transaktionen, wo zwischen signing und closing Zeit vergeht, eine besondere Bedeutung zu, um zu gewährleisten, dass der Versprechende zwischen signing und closing nicht den in den representations zugesicherten Zustand etwa der Kaufsache verändert. Aber auch bei Dauerschuldverhältnissen wie Darlehensverträgen können covenants den Darlehensgeber auch nach der Auskehrung des Darlehns schützen.
Rechtsfolgen
Bei der Betrachtung der Rechtsfolgen wird klar, warum Verträge oftmals representations und warranties behalten.
Rechtsfolge der misrepresentation ist grundsätzlich der Vertrauensschaden, zudem kann der Vertrag rückabgewickelt werden (avoidance)[13]. War die misrepresentation vorsätzlich, kann der Geschädigte ggf. auch das Erfüllungsinteresse sowie in den USA punitive damages verlangen. Der Schadensersatz im Falle des breach of warranty ist grundsätzlich auf das Erfüllungsinteresse ausgerichtet, wobei sich auch hier die einzelnen Jurisdiktionen unterscheiden[14]. Dasselbe gilt für den breach of covenant, wobei hier theoretisch auch unter bestimmten Voraussetzungen die specific performance, also die tatsächliche Vertragserfüllung, verlangt werden kann. In Dauerschuldverhältnissen wie Darlehensverträgen wird obendrein oft auch ein vertragliches Kündigungsrecht vereinbart. Grundsätzlich schließen sich Schadensersatz und Kündigung nicht aus, Vertragserfüllung und Kündigung hingegen schon.
Zwischenfazit
Dass Nebeneinander von representations & warranties mag auf den ersten Blick überraschen. Im deutschen Recht besteht ja aber auch ein Nebeneinander von vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüchen. Im deutschen Recht ist allerdings die Hürde einer Haftung für falsche Tatsachenbehauptungen sehr hoch ist: nur im Falle des Betruges (§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB), vergleichbar mit der fraudulent misrepresentation, kommt es zu einer Haftung. Covenants spiegeln oft representations & warranties, weil representations auf den Zeitpunkt der Behauptung bezogen sind und daher für gestreckte Transaktionen wenig Sicherheit bieten. Demgegenüber ist etwa auch nach dem U.C.C. eindeutig, dass der Verkäufer im Zeitpunkt des Gefahrenüberganges conforming goods liefern muss[15]. Ob dieser Dreiklang aus representations, warranties und covenants also so zwingend ist, muss man bezweifeln. Da im deutschen Recht ohnehin die vertraglichen Ansprüche naheliegen und sowohl positives Interesse als auch Vertrauensschaden ersatzfähig ist, stellt sich die Frage nach der Differenzierung hier m.E. nicht. Was der Ansatz des Common Law für den deutschen Vertragsgestalter bedeutet, möchte ich im nächsten Beitrag diskutieren.
[1] Stark, Drafting Contracts, How and Why Lawyers do what they do, Aspen Publishers, 2. Aufl. 2014, S. 13 f.
[2] Siehe Adams, A Manual of Style for Contract Drafting, 4. Aufl., ABA Publishing 2017, S. 113.
[3] Siehe Restatement (Second) of Contracts § 159 cmt. c (1981).
[4] Stark, supra Fn. 1, 16; Restatement (Second) of Torts Ch. 22 (1977).
[5] Vgl. etwa Burrows, English Private Law, 3. Auf., OUP 2013, Rn. 8.170.
[6] Vgl. Quality Wash Grp. V, Ltd. v. Hallak, 50 Cal. App. 4th 1687, 1693, 58 Cal. Rptr. 2d 592, 596 (1996).
[7] Restatement (Second) of Torts § 538 (1977); Burrows, supra Fn. 5, Rn. 8.165 f.
[8] Stark, supra Fn. 1, 17.
[9] Siehe etwa für England und Wales sec. 3 Misrepresentation Act 1967, verfügbar hier: https://www.legislation.gov.uk/ukpga/1967/7.
[10] Siehe etwa U.C.C. § 2-313 f.
[11] U.C.C. § 2-316 Abs. 2; England und Wales Sale of Good Act 1979, Sec. 55 Abs. 4.
[12] Siehe COVENANT, Black’s Law Dictionary (10th ed. 2014): “A formal agreement or promise, usu. in a contract or deed, to do or not do a particular act; a compact or stipulation.”
[13] Stark, supra Fn. 1, 17 f.; Burrows, supra Fn. 5, Rn. 8.172.
[14] Stark, supra Fn. 1, 17.
[15] § 2-503 Abs. 1 U.C.C.